Wohl des Kindes im Zentrum

Autor
Yara Brusa
Yara Brusa

Rechtsanwältin, Juristin
Nachlassberatungen

Publiziert
Juni 2024
Themen
Erben & Vererben Jugendliche

Erbt ein minderjähriges Kind, wird die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) automatisch informiert und involviert. Die elterliche Sorge bleibt grundsätzlich beim überlebenden Elternteil.

 

Stirbt die Mutter oder der Vater eines Kindes, geht die elterliche Sorge in der Regel auf den überlebenden Elternteil über. Wenn aber das Kind gemeinsam mit dem überlebenden Elternteil erbt, entsteht eine Situation, in der ein Elternteil für sich selbst und gleichzeitig für das minderjährige Kind handeln muss. Ein und dieselbe Person hat «zwei Hüte» auf und die verschiedenen Interessen stehen in Abhängigkeit zueinander. Bildlich gesprochen heisst das: Zieht man an einem Ende des Seiles, wird das andere kürzer und umgekehrt – es liegt eine eigentliche Interessenskollision vor. Deshalb bedarf es einer Instanz, die für die Interessen des Kindes eintritt. Dies gilt erst recht dann, wenn ein Kind Vollwaise wird und keine elterliche Vertretung wahrgenommen werden kann.

 

Jeder Erbfall ist anders

In beiden Situationen hat die zuständige Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde zu entscheiden, welche Massnahmen im Interesse des Kindes zu treffen sind. Sie wägt für jede individuelle Situation ab, was notwendig ist und wie stark in das Geschehen eingegriffen wird. 

Zum Beispiel kann vom überlebenden Elternteil ein Inventar über das Vermögen oder eine regelmässige Berichterstattung eingefordert werden. Denkbar ist auch, dass ein sogenannter Teilungsbeistand eingesetzt oder ein Vormund bestimmt wird. Zu berücksichtigen sind in jedem Fall die Zusammensetzung des Nachlassvermögens, die Familienkonstellation und die Verfügungen, welche die Erblasserin oder der Erblasser getroffen hat.

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Neben der familiären Konstellation, dem Alter und den Fähigkeiten der involvierten Erben spielt auch die Grösse des Vermögens und dessen Zusammensetzung eine Rolle: Geht es beispielsweise um Renditeliegenschaften, die selbst im täglichen operativen Geschäft bewirtschaftet und verwaltet wurden? Oder um ein relevantes Familienunternehmen? Oder aber um eine Stockwerkeigentumswohnung, die als Familienwohnung den grössten Vermögenswert ausmacht? So unterschiedlich die Konstellationen sein können, so unterschiedlich kann auch die Beurteilung des Vermögensübergangs ausfallen.

 

KESB wirkt in jedem Fall mit

Eine Erbteilung mit minderjährigen Erben kann nicht ohne Zustimmung der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde abgeschlossen werden. Denn der Erbteilungsvertrag, der regelt, wie die Vermögenswerte unter den Erben aufgeteilt werden, muss von der Behörde genehmigt werden. Und zwar unabhängig davon, ob ein Willensvollstrecker die Erben in der Nachlassabwicklung begleitet, von der Behörde ein Teilungsbeistand eingesetzt wurde oder ein Vormund bestimmt werden musste. Zu Beginn entscheidet die KESB, welche Massnahmen nötig sind und beim Abschluss muss der Erbvertrag durch die Behörde genehmigt werden. 

Finden Sie die richtige Balance

Welche Vorkehrungen können Sie selbst treffen, damit im Falle Ihres Ablebens der Erbgang in Ihrem Sinn abläuft? Nebst Bestimmungen, wer Ihr Vermögen erben soll, können Sie auch Wünsche, Ratschläge, Aufgabenverteilungen und sogar Auflagen oder Bedingungen in Ihrem Testament festhalten. Wägen Sie dabei behutsam ab, welche Regelungen sinnvoll und nötig sind. Es gilt hier, die richtige Balance zwischen wichtigen Vorgaben und unnötigen Einschränkungen zu finden. Zudem darf der zeitliche Faktor nicht ausser Acht gelassen werden: Kinder entwickeln sich schnell, Beziehungen ändern sich und was heute richtig ist, muss immer wieder kritisch überprüft werden, damit Sie zu jeder Zeit für Sie, Ihre Familie und Ihr Kind die passende Regelung treffen.

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