Warum man übers Erben reden muss
Über Erbschaften spricht man in der Schweiz nicht gerne. Doch genau das sollte man tun, rät Stefan Grauwiler, Leiter des Vorsorgezentrums der SZKB.
Der Tod kommt oft unerwartet und meistens zu früh. Trotzdem regeln rund drei Viertel aller Schweizerinnen und Schweizer ihren Nachlass nicht, wie aus einer kürzlich veröffentlichten repräsentativen Umfrage des Vereins MyHappyEnd hervorgeht. «Dies kann zu Erbschaftsstreitereien führen», weiss Stefan Grauwiler, Leiter des Vorsorgezentrums der SZKB. Zwar ist für solche Fälle im Erbrecht festgehalten, wer wie viel erhält. Häufig entspricht diese Aufteilung aber nicht dem Willen der verstorbenen Person. «Beispielsweise ist vielen nicht bewusst, dass Eltern und Geschwister in gewissen Fällen ebenfalls zum Zuge kommen – auch wenn eine Ehepartnerin oder ein Ehepartner existiert», so Grauwiler.
Für eine Nachlassplanung ist es nie zu früh
Nicht selten besteht auch der Irrtum, dass die Gattin oder der Gatte ohnehin das gesamte eheliche Vermögen erbt. Die Berater der Schwyzer Kantonalbank hören in diesem Zusammenhang immer wieder: «Es gehört uns sowieso alles zusammen» Je nach güterrechtlicher Situation, Herkunft der Vermögenswerte der Ehepartner und Zusammensetzung der Erbengemeinschaft ist dies jedoch keineswegs der Fall. Wer Konflikte unter seinen Erben verhindern und sicherstellen will, dass dereinst seine Liebsten erben, sollte das Thema Erbschaft deshalb nicht auf die lange Bank schieben. Auch wenn der Gedanke an den eigenen Tod nicht angenehm sein mag, rät Stefan Grauwiler: «Es ist nie zu früh, sich mit der eigenen Nachlassplanung auseinanderzusetzen.» Dies gilt für alleinstehende Personen, Konkubinatspaare und Patchworkfamilien wie auch für traditionelle Familien, bei welchen oftmals die optimale Begünstigung des Ehepartners im Vordergrund steht.
Empfehlenswert ist natürlich immer, wenn man sich in aller Ruhe am Familientisch mit den potentiellen Erben offen und transparent bespricht und dabei seinen Willen kundtut. «Sind Pflichtteile zu beachten, ist dieser Wille ohne die Mitwirkung der Familienmitglieder unter Umständen nicht vollumfänglich umsetzbar», erklärt der Vorsorgeexperte. Konkret kann es beispielsweise der Wunsch eines Erblassers sein, dass die Nachkommen zugunsten der überlebenden Ehefrau auf ihren Erbanspruch verzichten. «Weil es für einen solchen Erbverzicht einen öffentlich beurkundeten Vertrag braucht, reicht das Gespräch bei Kaffee und Kuchen jedoch nicht», sagt Grauwiler. Generell unterstehen die Planungsinstrumente Ehevertrag, Testament wie auch Erbvertrag strengen Formvorschriften. Da diese nicht allseits bekannt sind, kommt es in der Praxis immer wieder zu formell mangelhaften und damit anfechtbaren oder allenfalls gar nichtigen Verfügungen.
Testament oder Erbvertrag?
Um Erbstreitigkeiten entgegenzuwirken, sollte der eigene Wille in einem Testament oder Erbvertrag festgehalten werden. Stefan Grauwiler erklärt: «Ein gültiges Testament muss von Anfang bis Ende von Hand geschrieben, datiert und unterzeichnet oder öffentlich beurkundet werden.» Um Pflichtteile wirksam abzuändern oder wegzubedingen, ist indes der Erbvertrag das geeignete Mittel. Ein solcher bedarf der öffentlichen Beurkundung unter Mitwirkung von zwei Zeugen und kann von den Vertragsschliessenden nur gemeinsam aufgehoben oder abgeändert werden.
Wer frühzeitig mit den Nachkommen über seine Nachlassplanung spricht, verhindert auch, dass diese von einer Erbschaft überrumpelt werden. Gerade wer unverhofft plötzlich zu beträchtlichem Wohlstand kommt, sollte darauf achten, dass das Geld nicht durch die Finger sickert. Gerade im momentanen Tiefzinsumfeld ist es ratsam, sich Gedanken über die längerfristige Anlage der finanziellen Mittel zu machen, wie der SZKB-Spezialist rät. «Mit einer bedürfnisgerechten Bewirtschaftung kann das Vermögen für die Erben weiterarbeiten und Erträge abwerfen.»