Erbvorbezug Erbvorbezug Erbvorbezug

Mit einem Erbvorbezug die eigenen Kinder finanziell unterstützen

Autor
Claudine Cavegn
Claudine Cavegn
Leiterin Erbschaftsberatung
Publiziert
Juni 2024
Themen
Erben & Vererben Erbschaftsberatung Wohneigentum

Mit einem Erbvorbezug können Sie Ihr Vermögen frühzeitig an Ihre Kinder weitergeben. Erfahren Sie, was Sie dabei beachten sollten.

Ein Erbvorbezug ist weit mehr als eine vorzeitige Erbschaft – er bietet Ihnen die Möglichkeit, Ihre Kinder in entscheidenden Lebensphasen wie zum Beispiel dem Schritt in die Selbstständigkeit finanziell zu unterstützen. Es geht aber nicht immer nur um Geld: Für viele junge Familien ist die Übernahme des Elternhauses die einzige Chance auf Wohneigentum. 

Gerade die Übergabe grösserer Vermögenswerte kann sich jedoch als deutlich komplexer und anspruchsvoller herausstellen, als zunächst angenommen. Wir klären Sie über potenzielle Stolpersteine auf, damit Sie und Ihre Kinder die Vorteile des Erbvorbezugs optimal nutzen können.


Das Wichtigste zum Erbvorbezug in der Schweiz

Ein Erbvorbezug ist eine freiwillige und unentgeltliche Zuwendung zu Lebzeiten an die gesetzlichen Erben und Erbinnen. Dabei kann es sich um Geldbeträge oder Sachwerte wie ein Haus oder eine Wohnung handeln. 

Obwohl ein Erbvorbezug grundsätzlich formfrei möglich ist, erfordert die Übertragung von Grundstücken oder Liegenschaften einen öffentlich beurkundeten Vertrag. Um spätere Unstimmigkeiten oder Streitigkeiten unter den Nachkommen zu vermeiden, ist es jedoch ratsam, sämtliche Zuwendungen schriftlich zu dokumentieren. Wenn alle Beteiligten wissen, wer was und wann erhalten hat, schafft dies Transparenz und stärkt das gegenseitige Vertrauen.

Wichtig: Halten Sie als Erblasserin oder Erblasser auch schriftlich fest, ob und in welchem Umfang die Zuwendung bei der Erbteilung ausgeglichen werden muss.


Die Rolle der Ausgleichspflicht beim Erbvorbezug

Die gesetzlich vorgesehene Ausgleichspflicht sorgt für die Gleichbehandlung der Nachkommen. Hat Ihr Kind noch zu Ihren Lebzeiten einen Erbvorbezug erhalten, wird der Wert des erhaltenen Vermögens bei der späteren Erbteilung angerechnet. Entscheidend für die Höhe des Ausgleichs ist dabei der Wert zum Zeitpunkt des Erbganges (Todestagprinzip), nicht der Wert zum Zeitpunkt des Erbvorbezugs.

Die Ausgleichspflicht fällt erst an, wenn die Erblasserin oder der Erblasser verstirbt und die Erbmasse unter den Nachkommen aufgeteilt werden muss. Die Pflicht greift demnach nur, wenn mehrere Kinder vorhanden sind.

Die Erblasserin oder der Erblasser hat die Möglichkeit, die gesetzlichen Ausgleichsbestimmungen abzuändern und bestimmte Nachkommen von der Ausgleichspflicht zu befreien. Ein solcher Ausgleichungsdispens muss jedoch ausdrücklich angeordnet werden. Es empfiehlt sich, diesen im Testament beziehungsweise im Erbvertrag schriftlich festzuhalten.

Wichtig: Der Ausgleichungsdispens darf die gesetzlich festgelegten Pflichtteile der anderen Nachkommen sowie der Ehepartnerin oder des Ehepartners nicht verletzen.


Ein Berechnungsbeispiel zur Ausgleichspflicht

Mario und Lena haben zwei Söhne und eine Tochter. Ihre Tochter erhält einen Erbvorbezug von CHF 300'000 für die Selbstständigkeit. Nachdem Mario und Lena verstorben sind, verbleibt ein Vermögen von CHF 900'000, das unter ihren drei Kindern aufgeteilt werden soll.

Um den Gesamtwert des Nachlasses zu ermitteln, wird der Erbvorempfang ihrer Tochter zum verbleibenden Vermögen addiert: CHF 300'000 + CHF 900'000 = CHF 1'200'000. Sofern Mario und Lena keine explizite, anderslautende Regelung getroffen haben, wird die Erbmasse nun auf ihre drei Kinder aufgeteilt: CHF 1'200'000 / 3 = CHF 400'000. Ihre beiden Söhne erhalten jeweils den vollen Anteil von CHF 400'000. Vom Erbteil ihrer Tochter wird der Erbvorbezug abgezogen: CHF 400'000 - CHF 300'000 = CHF 100'000.


Das Darlehen als Alternative für die Gleichbehandlung der Nachkommen

Um die Gleichbehandlung Ihrer Nachkommen sicherzustellen, können Sie ihnen anstelle eines Erbvorbezugs auch ein Darlehen gewähren. Während beim Erbvorbezug die Vermögenswerte direkt in das Vermögen der Kinder übergehen, verbleiben sie bei einem Darlehen im Vermögen der Eltern. Im Erbfall wird das ausstehende Darlehen als Teil des zu verteilenden Nachlasses betrachtet.

Wie wird der Wert eines Erbvorbezugs bestimmt?

Bei einem Erbvorbezug werden Geldbeträge nach dem Nominalwertprinzip und Sachwerte nach dem Verkehrswertprinzip bewertet.

Nominalwertprinzip: Bei Geldbeträgen ist der erhaltene Betrag massgebend. Zinsen und die Teuerung werden nicht berücksichtigt. Der Wert bleibt somit bis zur Erbteilung konstant.

Verkehrswertprinzip: Bewertung von Grundstücken oder Immobilien basiert auf ihrem Marktwert zum Zeitpunkt des Erbganges. Der Wert kann sich im Zeitraum zwischen Erbvorbezug und Erbgang aufgrund von Marktschwankungen verändern.

Gemeinsam gleisen wir den Erbvorbezug optimal auf

Vermögensübergabe an die eigenen Kinder ist vielschichtig und anspruchsvoll. Deshalb steht Ihnen die SZKB bei der Planung als verlässliche Partnerin zur Seite.

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Welche steuerlichen Folgen hat ein Erbvorbezug?

Mit einem Erbvorbezug können Sie Ihre Steuerlast verringern, da Sie Ihr steuerbares Vermögen und möglicherweise auch Ihr Einkommen reduzieren. Je nach Kanton unterliegt ein Erbvorbezug jedoch der Schenkungssteuer und auch die Steuersätze variieren von Kanton zu Kanton. Im Kanton Schwyz wird keine Schenkungssteuer erhoben.

Wichtig: Für die Besteuerung von Geldbeträgen ist der Wohnsitzkanton der übertragenden Person ausschlaggebend, während Grundstücke und Immobilien am Ort ihrer Lage besteuert werden.


Wirkt sich ein Erbvorbezug auf Ergänzungsleistungen aus?

Ja, ein Erbvorbezug kann Ihre Ansprüche auf Ergänzungsleistungen (EL) beeinflussen, da er bei der Bewertung Ihres vorhandenen Vermögens als Vermögensverzicht betrachtet wird. Dies kann zur Folge haben, dass Ihre Ergänzungsleistungen reduziert oder gar keine ausgerichtet werden.

Je länger eine Zuwendung zurückliegt, desto weniger fällt sie ins Gewicht. Für jedes Jahr nach dem Vermögensübertrag werden vom Total aller Schenkungen und Erbvorbezüge CHF 10'000 abgezogen. Dadurch reduziert sich der angerechnete Vermögensverzicht.

Wichtig: Wenn Sie beispielsweise CHF 1 Million an Ihre Kinder übertragen, werden nach 20 Jahren zwar CHF 200'000 abgezogen, die restlichen CHF 800'000 gelten aber weiterhin als Vermögensverzicht. Verschenken Sie deshalb nur, wenn Sie es sich finanziell leisten können.

Unterschied zwischen Erbvorbezug und Schenkung in der Nachlassplanung

Sowohl Erbvorbezüge als auch Schenkungen sind unentgeltliche Zuwendungen zu Lebzeiten. Wenn Sie Vermögen an Ihre Nachkommen verschenken, sind diese Zuwendungen beim späteren Erbfall auszugleichen. Das heisst, sie werden an den Erbanteil angerechnet, sofern Sie nicht anderes anordnen.

Übertragen Sie hingegen Vermögen an andere Verwandte, wie beispielsweise Geschwister, oder an Drittpersonen, so sind diese Zuwendungen normalerweise nicht ausgleichspflichtig. Es sei denn, Sie hätten eine Anrechnung auf das Erbe explizit angeordnet.

Der entscheidende Faktor ist allerdings nicht die Bezeichnung einer Zuwendung als Schenkung oder Erbvorbezug, sondern ob diese von der Pflicht zum Ausgleich im Erbfall dispensiert wird oder nicht.

Wichtig: Weder ein Erbvorbezug noch eine Schenkung dürfen die gesetzlich festgelegten Pflichtteile der Nachkommen sowie der Ehepartnerin oder des Ehepartners verletzen.

Kann ein Erbvorbezug oder eine Schenkung zurückgefordert werden?

Erbvorbezug sowie eine Schenkung sind grundsätzlich endgültig und können nicht zurückgefordert werden. Allerdings gibt es gesetzlich oder vertraglich festgelegte Ausnahmen, die eine Rückforderung der übertragenen Vermögenswerte ermöglichen.

Diese Ausnahmen sind komplex und von vielen individuellen Faktoren abhängig. Bei Fragen oder Unklarheiten wenden Sie sich am besten direkt an eine Anwältin oder einen Anwalt.


Erbvorbezug für die Übergabe des Elternhauses: Das sollten Sie wissen

Wenn Eltern einem ihrer Kinder das Elternhaus mittels Erbvorbezug übertragen möchten, ist die Regelung der Ausgleichung zentral. Halten Sie fest, ob der Erbvorbezug später zur Ausgleichung zu bringen ist und falls ja, zu welchem Wert. Wird nichts geregelt, hat das übernehmende Kind den Verkehrswert der unentgeltlich erhaltenen Immobilie im Zeitpunkt des Erbganges - und nicht den Verkehrswert im Zeitpunkt der Übertragung - auszugleichen.

Da zwischen Erbvorbezug und Erbgang oft viele Jahre vergehen, kann der Wert einer Immobilie in dieser Zeit erheblich steigen oder fallen. Um zu verhindern, dass die Ausgleichszahlung durch eine Wertsteigerung des Elternhauses das Kind in eine schwierige finanzielle Lage bringt, können die anderen Nachkommen sowie die Ehepartnerin oder der Ehepartner den Anrechnungswert der Liegenschaft verbindlich festlegen oder auf allfällige Ausgleichs- und Herabsetzungsansprüche verzichten. Dies muss allerdings in einem öffentlich beurkundeten Erbvertrag schriftlich festgehalten werden.

Bei der Übergabe des Hauses ist es zudem wichtig, auf mögliche Steuern, wie zum Beispiel die Grundstückgewinnsteuer, zu achten. Als Faustregel gilt: Beträgt der Erbvorbezug mindestens 25% des Verkehrswertes des Hauses, ist keine Grundstücksgewinnsteuer fällig. Liegt der Schenkungsanteil unter 25%, können unter Umständen Grundstücksgewinnsteuern anfallen. Es lohnt sich, für diese komplexe Angelegenheit eine Steuerexpertin oder einen Steuerexperten beizuziehen.


So bleibt das Wohl von Eltern und Kindern im Gleichgewicht

Denken Sie bei der Planung eines Erbvorbezugs nicht nur an die Zukunft Ihrer Kinder, sondern auch an Ihre eigene. Bevor Sie Ihr Vermögen weitergeben, sollten Sie deshalb folgende Fragen klären:

  • Warum möchten Sie einen Erbvorbezug gewähren?
  • Welches Kind soll welche Vermögenswerte erhalten und sind die Kinder damit einverstanden?
  • Sollen alle Kinder gleichbehandelt werden und welche Konsequenzen hat der Erbvorbezug für die spätere Erbteilung?
  • Sind Sie und Ihre Partnerin oder Ihr Partner nach der Vermögensübertragung finanziell abgesichert?
  • Bei Weitergabe von Grundeigentum:
    • Ist die Finanzierung der Vermögensübertragung gesichert?
    • Möchten Sie das Haus vollständig an die Kinder übertragen oder ein Nutzungsrecht für sich vorbehalten (Nutzniessung oder Wohnrecht)?

Gerne beraten wir Sie bei allen Fragen rund um die Vermögensweitergabe persönlich und abgestimmt auf Ihre individuelle Situation.

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