KMU-Finanzierung optimal ausgestalten
In einer immer komplexeren Wirtschaftswelt sind Schnelligkeit und Flexibilität gefragt. Dies betrifft auch die Finanzierung von Investitionsgütern. Die gute Nachricht: Die Finanzierungsformen haben sich in jüngster Zeit markant weiterentwickelt und bieten Opportunitäten für vielfältige Anforderungen.
Investitionsgüter sind per Definition Güter oder Dienstleistungen, die der Produktion oder Verarbeitung dienen und dauerhaft vor Ort verbleiben. Die Bandbreite reicht dabei von Maschinen oder deren Komponenten über Fahrzeuge bis hin zu Werkhallen oder IT-Hardware. Je nach Branche können dies vielfältige Objekte sein. Alle jedoch dienen direkt oder indirekt dem Zweck der Wertschöpfung und stellen - je nach buchhalterischem Ansatz - einen Teil des Anlagevermögens dar. Das Fundament einer gelungenen Investitionsgüterfinanzierung sind eine stringente Strukturierung des Business Case und damit einhergehend des Finanzierungsbedarfs.
Stillstand ist keine Option
In der sogenannten «VUCA-Welt», die von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit geprägt ist, müssen Unternehmen in der Dynamisierung Schritt halten. Das anspruchsvolle Marktumfeld zwingt zur stetigen Investition. Die Corona-Pandemie hat Entwicklungen entweder rasant umgekehrt, versiegen lassen oder verstärkt und zusätzlich beschleunigt.
Oft genügt es nicht, einfach nur zu reagieren. Denn in gewissen Branchen ist das nachhaltige Bestehen nur dank Beschaffung modernster Technologien zur richtigen Zeit möglich. Dabei müssen Chancen genutzt werden, um als Erster am Markt und den Mitbewerbern einen entscheidenden Schritt voraus zu sein. Damit ein solides Fundament für die zukünftige Entwicklung gelegt werden kann, bedarf es gezielter Investitionen, die allesamt in den betriebswirtschaftlichen Kontext passen müssen. Für kleine und mittlere Unternehmen ist deshalb eine flexible, adäquate Finanzierung von Investitionsgütern mitunter überlebenswichtig.
Leasing ist längst salonfähig
Es gab Zeiten, da waren Leasings verpönt oder zumindest mit Vorbehalten behaftet und zweite Wahl. Nur, was organisch über die eigenen Erfolge oder den klassischen Bankkredit beschafft werden konnte, galt als nachhaltig. Darüber sind KMU längst hinweg. Die Vorteile von Leasings überwiegen gerade bei dynamischen Unternehmen mit geringer Kapitalisierung und werden mittlerweile als Bestandteil in der Finanzstruktur geschätzt. Die markant höhere Flexibilität ist dabei oft ein zentrales Element, welches für das Leasing von Investitionsgütern spricht. Raten lassen sich zunehmend, abnehmend oder individuell gestalten. In unterschiedlicher Ausprägung - etwa beim Sale-and-lease-back-Verfahren, bei welchem ein Gut verkauft und dann zurückgeleast wird - eröffnen sich weitere Möglichkeiten.
Das Basiskonstrukt an sich ist einfach verständlich: Der Leasingnehmer mietet ein Leasingobjekt gegen eine vertraglich vereinbarte Leasingrate für einen zuvor festgesetzten Zeitraum. Dies schont Eigenkapital sowie Liquidität und erhöht die unternehmerische Planungssicherheit durch im Voraus vereinbarte Raten im Rahmen eines detaillierten Abschreibungsplans. Je nach Ausgestaltung resultieren steuerliche Vorteile und die Struktur ist bilanzneutral, da das Eigentum beim Leasinggeber verbleibt.
Keineswegs müssen Leasinggüter immer neu gekauft werden. Leasings von bereits benützten Investitionsgütern können sich ebenso lohnen. Gerade bei kostenintensiven Leasingobjekten senkt dies die Zahlungen noch einmal zusätzlich und der operative Handlungsspielraum wird maximal erhalten.
Interessante neue Möglichkeiten
Statt über die klassischen Geldgeber zu finanzieren, wagen gerade kleinere Unternehmen öfter den Schritt, sich die Kapitalien über eine digitale Schwarmfinanzierung zu sichern. An die Stelle der traditionellen Finanzinstitute treten dabei spezialisierte, gewerbsmässige Finanzintermediäre: die Crowdlending-Plattformen. Gerade für klar abgegrenzte Projekte und Ideen, die sich gut skizzieren lassen, kann eine solche Finanzierungsart sinnvoll sein. Dabei stellt eine Anzahl von Anlegern einer Institution Kapital gegen Entgelt zur Verfügung, indem die Plattform die Transformation sicherstellt. Für alle Seiten von Vorteil sind die Transparenz sowie der hohe Automationsgrad dieser Plattformen, gekoppelt mit rascher Abwicklung.
In den Bereich «Einkaufsfinanzierung» fallen Methoden wie Factoring oder Finetrading. Dabei setzt Factoring erst direkt nach der Erstellung einer Rechnung an und Finetrading schon wesentlich früher, nämlich beim Einkauf der Waren. Beide Finanzierungsformen ermöglichen es KMU - beispielsweise Handelsfirmen mit hohem Umsatz -, Waren und Investitionen über einen Partner flexibel zu finanzieren, ohne die eigene Liquidität zu beeinträchtigen. Betriebe profitieren von Skonto-Einräumungen, die beim Factoring aufgrund der unmittelbar erfolgenden Rechnungsbegleichung durch den Finanzierungspartner möglich werden. Die schnelle Verfügbarkeit lässt die Nutzung von günstigen Gelegenheiten zu, allerdings muss ein Unternehmen bereits hohe Debitorenbestände aufweisen.
Noch nicht in der Marktbreite der Investitionsgüterfinanzierung etabliert haben sich Mezzanine-Konstrukte, die sich in einer relativ ausgedehnten Zone zwischen Fremd- und Eigenkapitalien bewegen. Bis anhin bilden sie eine Ergänzung zu klassischeren Finanzierungsvarianten und bedürfen des Beizugs von Spezialisten, um eine für das Unternehmen passende Strukturierung zu finden. Wenn sich künftig eine Standardisierung abzeichnet, können auch Mezzanine-Finanzierungen durchaus weiter an Attraktivität für die Finanzierung von Investitionsgütern gewinnen.
Ebenfalls an Interesse gewonnen haben Kapitalbeschaffungen per Kryptowährungen - sogenannte ITO (Initial Token Offerings) oder ICO (Initial Coin Offerings). Dabei emittieren Geldnehmer auf der Blockchain basierende Tokens für erhaltene Mittel, welche die Investoren wiederum in vielfältiger Weise einsetzen oder konvertieren können. Durch die noch fehlenden Rahmenbedingungen sind die Volumina momentan relativ gering. In Zukunft dürfte sich in diesem Bereich der Finanzierungen aber wesentlich mehr abspielen.
Ausgangsbasis verbessern
Die ganze Breite an Möglichkeiten bei der Finanzierung von Investitionsgütern ist unnütz, wenn sich ein Kreditnehmer nicht dafür qualifiziert. Um in den Genuss der genannten Instrumente zu kommen, müssen die operativen und strategischen Gegebenheiten stimmen. Es ist wichtig, dass sich das Unternehmen optimal aufstellt, sich dadurch alle Möglichkeiten der Finanzierung offenhält und obendrein exklusive Konditionen sichert. Ungefähr die Hälfte der Unternehmensbeurteilung erfolgt über finanzielle Kennzahlen. Es lohnt sich beispielsweise, die Kennzahlen zur Eigenkapitalquote, Verschuldungsgrad, Anlagendeckung und Cashflow zu optimieren. Dabei ist die Eigenkapitalquote die wichtigste Bonitätskennzahl, wobei es um den Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital geht. Soll die Kreditwürdigkeit substantiell verbessert werden, so ist diese Grösse soweit wie möglich zu steigern. Auch hier könnte übrigens ein Sale-and-Lease-Back-Verfahren helfen, indem Anlagegüter verkauft und zurückgemietet werden. Dadurch wird die Bilanzsumme verkürzt, was wiederum zu einer erhöhten Eigenkapitalquote führt.
Die andere Hälfte der Beurteilung stützt sich auf tendenziell weiche Faktoren, die sich aber zweifelsohne ebenso optimieren lassen. Darunter subsumieren sich etwa die Organisation, Struktur, Marktausrichtung und ganz zentral: die Strategie einer Unternehmung. Diese muss der Business Plans konsistent und robust transportieren.
Sind die Grundlagen gelegt sowie Kreditgeber und -nehmer sich einig, muss die Finanzierung optimal eingebettet werden. Die Eckwerte - wie Summe, Zweck und Befristung ergeben sich bereits aus der Finanzierung des Objektes selbst. Weitere zu berücksichtigende Faktoren sind dann beispielsweise die Steuern, Gebühren, Makler- bzw. Transaktionskosten oder weitere Aufwände.
Mittlerweile gibt es zunehmend interessante Alternativen, die einzeln oder in individuell passender Kombination dafür sorgen, dass KMU weiterhin ihre wichtige wirtschaftliche und gesellschaftliche Rolle wahrnehmen können. Eine absolut richtige oder falsche Form der Finanzierung gibt es dabei nicht. Die Beschaffung von Investitionsgütern ist so individuell wie die Geschäftsmodelle und -felder der Anwender.